Autismusfreundlicher Flughafen dank Sonnenblume?

Ich hatte bereits vom sunflower lanyard (Sonnenblumen-Umhängeband) gehört und es mir im Internet angeschaut. Die Idee fand ich toll: Den arbeitenden und reisenden Mitmenschen am Flughafen non-verbal Bescheid sagen, dass meine Bedürfnisse, Kommunikation und Verhaltensweise und die ihrigen verschieden sein können. Und nun hab ich eins!

Erst ging ich ahnungslos am Informationsstand am Berliner Flughafen vorbei, sah die Menschen, und dann das Plakat mit den Sonnenblumen. Ich blieb sofort stehen, und machte ein Foto davon. Grinsend und begeistert. Zugleich etwas nachdenklich. Denn die Orientierung am Terminal hatte ich als etwas schwierig empfunden. Und insgesamt war ich in den Wochen vor dem Flug so nervös bei dem Gedanken, nach Berlin zu fliegen und mich dort am Flughafen zurechtfinden zu müssen.

Eingebildete oder echte Momente der Verwirrung und Misskommunikation

Der Flug verlief gut, mein Koffer kam schnell, ich ging mein Mietauto abholen. Ich hatte Glück: Kein anderer Kunde, sehr freundliche Mitarbeiter, klare und präzise Fragen und Informationen. Trotzdem war ich hochkonzentriert und merkte, dass meine Reaktionszeit langsamer war. Das Büro war sehr hell beleuchtet, ich wusste nicht, ob meine Karte angenommen werden würde, da in den Papieren stand, nur Debit, nicht Kredit, ich war vorhin ins falsche Gebäude gelaufen, und ich war nervös, weil ich bald in der Millionenstadt Berlin mit einem mir unbekannten Auto fahren würde.

Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Menschen etwas irritiert oder verwirrt auf mich reagieren. Vielleicht ist es Einbildung. Vielleicht sieht man mir tatsächlich meine Sorgen, Ängste und Bedenken an. Jedenfalls dachte ich dabei an die sunflower lanyard und stellte mir die Frage: „Würde es einen Unterschied machen? Wäre es angenehmer für mich? Wären mein Verhalten und meine Kommunikation verständlicher für die Anderen?“

Unterstützung ohne Wenn und Aber

Und dann hab mich getraut! Ich kehrte wieder zurück und sprach den Mann am Informationsstand an. Ob es möglich sei, ein Umhängeband zu bekommen und was er dafür von mir bräuchte. Die Antwort: Nix. Er gab mir einfach das Umhängeband, ohne Nachfrage, ohne Forderung eines Belegs. Einfach mit einem freundlichen Blick. Welche Erleichterung!

Hoffnungen

Mir um den Hals gelegt habe ich mir das Band dann trotzdem nicht. Sondern sorgfältig eingepackt. Das „Schlimmste“ hatte ich eh hinter mir. Doch ich war dankbar, das Band zu haben, mit Blick auf den Rückflug. Denn dann werde ich wieder mit der Herausforderung konfrontiert, mich am Flughafen orientieren und mit anderen Menschen kommunizieren zu müssen. Vielleicht kann mir die sunflower lanyard helfen, mich entspannter zu fühlen, anstatt verkrampft zu versuchen, nicht zu verloren auszusehen, schnell genug in der Kontrolle zu sein und diese energieraubenden Momente zu erleben, in denen die Kommunikation einfach etwas „off“ ist zwischen anderen und mir.

Mich vertraut machen und recherchieren

Im Hotelzimmer habe ich dann etwas recherchiert. „Der BER ist der erste deutsche Flughafen, der das Sunflower-Band in Kooperation mit Hidden Disabilities Sunflower anbietet.“ Weiterhin informieren sie: „Das Sunflower-Umhängeband wurde 2016 am Flughafen London-Gatwick (…) eingeführt. “ Sie können dies und Weiteres nachlesen auf der Website vom BER. Ich nehme an, dass sie es im Oktober 2023 eingeführt haben, jedenfalls veröffentlichten sie zu dieser Zeit ein kurzes Erklärvideo.

Bereit für zukünftige Reise-Erfahrungen

Ich freue mich sehr, nun über diese Möglichkeit zu verfügen und sie bei Bedarf auszuprobieren. Ich werde auch mit anderen autistischen Menschen und ihren Reisebegleitenden reden und schauen, was ihre Erfahrungen damit sind. Bereits jetzt kann ich sagen, dass ich mich sicherer spüre. Ich gehe davon aus, dass das Personal auch geschult ist und etwas Bescheid weiß. Das werde ich noch nachfragen. Sorgen mache ich mir, dass ich damit vermehrt Blicke auf mich ziehen werde und dies dann zur Stressquelle wird. Mal schauen. Ich denke, es kann ein hilfreicher Schritt zu barrierefreierem Reisen sein.

Gedimmtes Licht am Luxemburger Flughafen

Am Findel war ich übrigens total begeistert, neben meinem Gate einen ruhigen Ort vorzufinden mit gedimmtem Licht! Auch die Rolltreppe stoppte ihren surrenden Einsatz jedes Mal, wenn sie nicht benutzt wurde. Ich werde bei Gelegenheit nachfragen, ob sie diesen sensorisch- und autismusfreundlichen Raum mit Absicht so gestaltet haben. Es erleichterte mir den Aufenthalt ungemein. Und ich werde, wenn ich mehr Erfahrungen gesammelt habe, sie auch auf das Sonnenblumen-Umhängeband ansprechen.

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